Meldung vom 27.12.2019
- Die Fachgruppe OÖ des Energiehandels unterstützt Ölheizungsbesitzer und fordert mehr Gelder für Forschung und Entwicklung alternativer, flüssiger Heizstoffe
- Ersatzloser Heizöl-Stopp vernichtet Existenzen und gefährdet Arbeitsplätze
- Keine Instrumentalisierung von Schulen, Vereinen, Unternehmen und Privatpersonen durch politischen Druck
Im OÖ Mineralölhandel sind etwa 70 vorwiegend kleinstrukturierte, familiengeführte Unternehmen tätig, die etwa 1.000 Mitarbeiter beschäftigen. Bei vielen Betrieben ist der Mineralölhandel auch das Hauptgeschäft. Was ein ersatzloser Wegfall des Heizölgeschäfts bedeutet, liegt auf der Hand. Aber auch die bestehende Infrastruktur in diesen Betrieben würde dadurch völlig wertlos werden.
„Es ist uns ein großes Anliegen, 158.757 Ölheizungsbesitzer (Statistik Austria 2018: Gesamteinsatz aller Energieträger 2003-2018) in Oberösterreich mit Rat und Tat zu unterstützen, indem wir umweltfreundliche Alternativen aufzeigen, ohne jemanden an den Pranger zu stellen“, erklärt Dr. Bernd Zierhut, Obmann der Fachgruppe OÖ des Energiehandels in der Wirtschaftskammer Oberösterreich.
Die Ausgangslage
Ab 2020 dürfen in Österreich keine Ölheizungen mehr in Neubauten in Betrieb genommen werden.
Wie einfach wäre es also, eine drastische und schnelle Lösung durch eine Initiative herbeiführen zu wollen? Dass eine Veränderung und eine umweltfreundlichere Lösung essenziell sind, steht dabei außer Frage. Jedoch muss auf die über 100.000 betroffenen Ölheizungsbesitzer in Oberösterreich Rücksicht genommen werden. Eine Umstellung ist mit nicht unerheblichen Kosten und Aufwand verbunden. Selbstverständlich muss etwas verändert werden – jedoch sollte man sich dabei an die Spielregeln halten, sowohl rechtlich als auch ethisch.
„Wir möchten auf sachliche und korrekte Weise mittels Forschung und Aufklärung eine Bewegung starten. Allerdings wollen wir dies unter Rücksichtnahme auf Privatpersonen, Vereine und Institutionen erreichen“, erklärt Zierhut.
Wir fordern zur Sachlichkeit auf
Die Initiative „Adieu Öl“ vom Land Oberösterreich und dem OÖ Energiesparverband tritt für eine wichtige Sache ein. Der Umstieg von Ölheizungen auf erneuerbare Energie ist selbstverständlich erstrebenswert. Besagte Kampagne wird demnach nicht für ihr ursprüngliches Motiv, sondern für die Vorgehensweise und die geplanten Maßnahmen kritisiert.
Ölheizungsbesitzer als solche zu „outen“ und diese durch Druck zum Umstieg zu bewegen ist überschießend und ethisch bedenklich. Josef Sacherl ist seit über 10 Jahren Ölheizungsbesitzer: „Meine Ölheizung wird regelmäßig gewartet und einem Service durch Profis unterzogen. Ich verwende qualitativ hochwertiges schwefelfreies Heizöl – damit hält sich die Umweltbelastung in Grenzen.“ Dabei handelt es sich um sehr leichtes Öl, durch welches es zu weniger Schadstoffausstoß als bei anderen Heizungen kommt. „Ich frage mich, warum genau jetzt ein derartiger Druck auf uns ausgeübt wird?“, erklärt Sacherl weiter. Das Haus verfügt über eine sehr gute Wärmedämmung (Mauerstärke 45cm). Dieses wird Herr Sacherl an seine Kinder vermachen, welche dieses auch umbauen werden, was jedoch an der Heizsituation nichts ändern wird.
Die Idee „Adieu Öl“-Aktivitäten über den Schulunterricht zu betreiben müsste ohnehin zunächst durch den zuständigen Bundesminister genehmigt werden. Gemäß Schulunterrichtsgesetz hat ein Unterrichtsmittel nach Material, Darstellung und sonstiger Ausstattung zweckmäßig und geeignet zu sein. Die Inhalte müssen zudem dem Lehrplan entsprechen. Ziel ist es, den Schülern wertfreies Unterrichtsmaterial zur Verfügung zu stellen. Politischen Druck in den Schulalltag zu bringen und die Instrumentalisierung von Lehrern und Schülern geht in eine vollkommen falsche Richtung und ist nicht approbiert. Zudem handelt es sich um einen Eingriff in individuelle pädagogische Maßnahmen der Schulen. Dasselbe gilt für den Denkansatz, an unabhängige Vereine, örtliche Installateure, Rauchfangkehrer, Banken und andere Unternehmen heranzutreten und politischen Druck auszuüben. Energiepolitik sollte nicht auf dem Rücken von Schulen, Privatpersonen, Unternehmen und Vereinen ausgetragen werden.
Zudem sind die Ideen der „Adieu Öl“-Initiative nicht zu Ende gedacht: wird der Öl-Frei-Tag/Friday for Future für schulfrei erklärt? Muss man sich da Urlaub nehmen? Wer sorgt für die Sicherheit?All jene Fragen bleiben in der Ideensammlung unbeantwortet.
Für den Umweltschutz muss nicht gegen den Datenschutz bedeuten
Die gezielte Ansprache von Ölheizungsbesitzern und die Weitergabe diesbezüglicher Informationen an Dritte ist datenschutzrechtlich äußerst bedenklich. Die Informationen bezüglich Ölheizungsbesitz in einem Privathaushalt fällt unter personenbezogene Daten. Die direkte Ansprache dieser Personen aufgrund dessen stellt eine nicht entsprechende Verwendung von Daten dar. Zudem ist die Weitergabe dieser Information unverhältnismäßig, überschießend und es besteht kein berechtigtes Interesse.
Unsere Ziele
Wir möchten einerseits die Interessen der Betroffenen wahren und vertreten und zur sachlichen Diskussion anregen. Andererseits ist es auch uns ein großes Anliegen, umweltfreundliche Möglichkeiten aufzuzeigen und durch Forschung eine entsprechende Grundlage bieten zu können.
Durch Forschung Alternativen aufzeigen
„Unser Ziel ist es, durch die Bereitstellung nüchterner Informationen die Emotionalität aus der Thematik zu nehmen“, so Zierhut.
Eine durch das IWO (Institut für Wärme und Öltechnik Österreich) in Auftrag gegebene Studie des Umwelt Bundesamtes (UBA) vom März 2014 betreffend „Emissionsfaktoren unterschiedlicher Heizungssysteme“ zeigte beispielsweise Folgendes: Bezüglich der PM10-(Feinstaub-)Emissionen ergab sich deutlich, dass die Holz-Pellets, Hackgut und Stückholz weitaus schlechtere Werte haben als eine Heizöl (EL) Brennwert-Heizung. Dies ist eines von vielen Argumenten für eine Versachlichung der Diskussion, da gerade Feinstaub gesundheitsschädlich ist.
„Wir möchten einen mittelfristigen Ausstieg aus fossilem Heizöl – auf eine umweltfreundliche, realistische und sozial verträgliche Art und Weise“, heißt es seitens der Fachgruppe des Energiehandels. Mit neuen „erneuerbaren, flüssigen Brennstoffen“ kann der Beginn einer grünen Zukunft gelingen.
„Der österreichische und auch der oberösterreichische Energiehandel bekennen sich zu den Pariser Klimaschutzzielen und zu der in der österreichischen Klima- und Energiestrategie vorgesehenen Forcierung von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien. Damit verbunden ist unter anderem der mittelfristige Ausstieg aus dem fossilen Energieträger Heizöl“, so der Obmann.
Weiters heißt es seitens der Fachgruppe: „Wir dürfen uns das bestehende Öl-Heizsystem nicht schlechtreden lassen. Das Heizsystem mit flüssigen Energieträgern ist seit sechs Jahrzehnen bewährt und liefert verlässlich Wärme für 2 Millionen Menschen.“
Unbestritten sind auch die weiteren Vorteile:
- Höchste Energieeffizienz
- Höchste Energiedichte
- Bewährte technologische Verlässlichkeit
- Leistbar und damit sozial verträglich
- Leitungsungebunden – Wärme und Sicherheit auf eigenen Vorrat
Zudem besteht beim Umstieg auf die neue Brennwerttechnologie eine Effizienzsteigerung von bis zu 40%.
Ziel ist es, flüssige Brennstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen zu gewinnen und den Bedarf an fossilen Energieträgern zu senken.
Mit HVO (XTL) wird Klimaschutz zur Chance
Weltweit wird an Verfahren geforscht, welche flüssige Energieträger aus erneuerbarem Strom und Biomasse herstellen. Die Wege zu flüssigen Energieträgern der Zukunft sind vielfältig. Grundsätzlich kommen für die Herstellung von flüssigen, kohlenwasserstoffbasierten Energieträgern (XTL) alle kohlenstoffhaltigen Rohstoffe in Frage.
Nach intensiven Forschungen und Tests wurde beispielsweise ein innovativer, erneuerbarer, flüssiger Energieträger entwickelt: Hydrotreated Vegetable Oil (kurz HVO). „HVO ist sozusagen synthetisches Heizöl (XTL = erneuerbarer Quelle „X“ to Liquid), welches überwiegend aus Reststoffen – konkret pflanzlichen bzw. tierischen Fetten und Abfällen – besteht“, erklärt Obmann Zierhut. „Es gibt gegenüber fossilem Heizöl keinerlei Nachteile.“
Facts XTL:
- CO2 -neutral; keine Feinstaubproduktion; geruchsneutral
- Liegt bei allen Emissionen deutlich unter gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerten
- Bei Umstellung auf neue Brennwerttechnologie kann XTL im bewährten Heizsystem weitergenutzt werden
Das Einsparungsvolumen gegenüber den Umstellungskosten auf andere Energieträger beträgt 20 Milliarden Euro. „Damit ist der Einsatz von XTL sozial- und standortverträglich“, unterstreicht der Fachverband. „Ein Umstieg auf andere Energieformen ist nicht notwendig.“ In Österreich läuft bereits ein Pilotprojekt, bei welchem XTL in bestehenden modernen Brennwertkesseln von Einfamilienhäusern und in Gewerbeanlagen getestet wird.
Zudem zeigt eine vom österreichischen Energiehandel in Auftrag gegebene Studie der österreichischen Energieagentur, dass synthetische, klimafreundliche Flüssig-Brennstoffe die Klimaziele unterstützen und eine wichtige Rolle im Energiesystem der Zukunft einnehmen können und werden.
Grünes Heizen mit erneuerbarer Energie
Wie sieht nun die weitere Vorgehensweise aus? Nach dem Abschluss der erwähnten Echttests kann mit dem Einsatz von XTL als 100% „green liguid fuel“ gestartet werden. Die sozial verträgliche Umstellung von bestehenden rein fossilen Heizkesselanalgen auf neue, effiziente Brennwertkessel mit XTL, die ohne Zwang erfolgen soll, ist ab 2025 geplant. Ab 2040, spätestens 2050, soll der flächendeckende Einsatz von Heizkesselanlagen mit erneuerbaren synthetischen Energieträgern auf Basis von XTL und weiteren synthetisch erneuerbaren flüssigen Brennstoffen (z. B.: PTL) erreicht sein.
Wenn der komplette Umstieg vollzogen ist, bedeutet dies eine jährliche Reduktion von 3,7 Mio. t CO2. Demnach würde ein Minus von 4,6% der gesamten CO2 Emissionen verzeichnet werden.
„Langfristig gesehen ist unser oberstes Ziel, dass die Herstellung möglichst aus heimischen Rohstoffen erfolgt. Dies schafft und sichert auch neue heimische Arbeitsplätze und Absatzmöglichkeiten für die österreichische Landwirtschaft“, so Zierhut.
E-Fuels – der Weg in die flüssige Zukunft
Eine besondere Stellung nehmen synthetische, flüssige Kraft- und Brennstoffe auf Strombasis (PTL = Power To Liquid) ein. Bei diesen PtX-Verfahren fungiert elektrischer Strom als einzige Energiequelle zur Herstellung von regenerativ erzeugtem Wasserstoff und Kohlendioxid. Jene Produkte werden auch als E-Fuels bezeichnet. Der gesamte Energiebedarf muss über den Wasserstoff und damit letztlich über grünen Strom bereitgestellt werden. Synthetische Flüssig-Brenn- bzw. Kraftstoffe können weitestgehend treibhausgasneutral hergestellt werden.