Meldung vom 10.01.2023
Specialisterne bietet Kurs „AI & Data Assistant“ für Menschen mit Autismus, AD(H)S, Legasthenie, Dyskalkulie oder Dyspraxie
15 Prozent der Österreicher*innen im neurodivergenten Spektrum
Inhalt:
- Kurs „AI & Data Assistant“
- Über Specialisterne
- Specialisterne Austria
- Interview mit Kursabsolventin Mina
- Interview mit Kursabsolvent Max
Wien, 10. Jänner 2023 - Bei neurodivergenten Menschen funktioniert das Gehirn anders als bei der Mehrheit der (neurotypischen) Menschen. Informationen werden anders wahrgenommen und verarbeitet. Zu neurodivergenten Personen zählen unter anderem Menschen mit Autismus, AD(H)S, Legasthenie, Dyskalkulie oder Dyspraxie. Diese Personengruppen machen in Österreich rund 15 Prozent der Bevölkerung aus und stehen häufig vor der Herausforderung, keinen geeigneten Job zu finden. So sind z.B. ca. 80 Prozent der Personen im Autismus-Spektrum arbeitslos (UN-Schätzung weltweit). Die üblichen Bewerbungsprozesse (aber auch Studium und andere Ausbildungen) sind für neurotypische Menschen konzipiert, neurodivergente Personen werden daher leicht übersehen. Zum Beispiel: Ein Arbeitsplatz im Großraumbüro kann für viele Autist:innen aufgrund der Reizüberflutung zum Problem werden.
Grund genug für Specialisterne, ab 13. Februar 2023 den Kurs „AI & Data Assistant“ anzubieten.
Dauer: 12 Wochen (25 Wochenstunden)
Termin: 13.02. bis 09.05.2023
Bewerbungsfrist: bis 05.02.2023 online über die Webseite (www.specialisterne.at)
Kursort: Specialisterne Academy - Goldeggasse 29, 1040 Wien
Zielgruppe: Unser Angebot richtet sich an Erwachsene (ab 18 J) im neurodivergenten Spektrum (Autismus, ADHS, Legasthenie, Dyskalkulie oder Dyspraxie). Um an diesem Kurs teilzunehmen, sollte man bereits erste Grundlagen einer Programmiersprache beherrschen und ein gewisses Interesse für Algorithmik, Mathematik oder Statistik mitbringen. Der Besuch einer HTL oder eines technischen, natur- oder wirtschaftswissenschaftlichen Studiums ist auch ein Pluspunkt (ein Abschluss ist allerdings keine Voraussetzung, wir sprechen damit auch Studienabbrecher:innen an).
Kurskosten: Die Ausbildung wird durch das Programm “Lehre fördern” unterstützt, daher fallen für Teilnehmende keine Kosten an.
Ziel: Die Absolvent:nnen werden nach dem Abschluss in unseren Talent Pool (= Vermittlungspool) aufgenommen und von uns in den 1. Arbeitsmarkt vermittelt. Rund 70 Prozent der Absolvent:innen können erfolgreich vermittelt werden.
Fachspezifische Kursinhalte
Das Programmieren mit Python ist Teil der Ausbildung, ebenso wie die Bereiche Data Science und Machine Learning. Die Aufgabe von Data Science ist es, aus großen Datenmengen (die in unserer Welt tagtäglich generiert werden) Erkenntnisse zu gewinnen, um später z.B. auf dieser Grundlage wirtschaftliche Entscheidungen treffen zu können und Maßnahmen abzuleiten. Die Kursteilnehmer:innen lernen, wie Daten aufbereitet, analysiert und graphisch dargestellt werden können. Außerdem erhalten sie Einblicke in die Arbeit mit Künstlicher Intelligenz (AI), um komplexe Zusammenhänge mit Hilfe unterschiedlicher Machine Learning Algorithmen zu erkennen und/oder vorherzusagen.
Die Absolvent:innen können später als AI & Data Assistants in Junior Positionen im Python- oder Backend-Development, Data Science, Reporting oder bei Coding Projekten mitarbeiten.
Damit bietet der Kurs das optimale Sprungbrett für einen Job in einer innovativen und zukunftsweisenden Branche, in der Fachkräfte dringend gesucht werden.
Social Skills Inhalte
Jeder der 4 Kurse von Specialisterne vermittelt zusätzlich zu den fachspezifischen Inhalten auch Social Skills. Hier lernen die Teilnehmer:innen u.a. ihre Bedürfnisse offen zu kommunizieren, persönliche Stressfaktoren zu identifizieren und Strategien zur Entspannung zu erarbeiten. Außerdem wird die Selbstpräsentation bei Bewerbungsgesprächen geübt.
Zertifizierung: Während des Kurses machen die Teilnehmenden eine Zertifizierung zum Azure Data Scientist Associate für Microsoft und zum Nagarro Certified AI & Data Assistant.
Schulungspartner: Der Kurs findet in Kooperation mit Nagarro und Microsoft statt, die die Zertifizierungen vornehmen. Nagarro stellt ebenfalls einen IT Trainer für ein Modul des Kurses zur Verfügung.
Academy:
Specialisterne bietet in der Academy derzeit 4 Kurse für neurodivergente Menschen an:
- AI & Data Assistant
- Coding Basics (Vorbereitung für die IT-Lehre)
- TestingPro (Software Testing)
- QualityPro (Qualitätsmanagement)
Über Specialisterne
Specialisterne wurde 2004 von Thorkil Sonne in Dänemark gegründet – einem Vater, dessen Sohn im Kleinkindalter eine Autismus-Diagnose erhielt. Aufgrund der geringen Chancen von Menschen mit autistischer Wahrnehmung einen Beruf zu finden und bei Unternehmen tätig zu werden, beschloss Sonne, sich dieser Thematik zu widmen.
Sonne gründete ein Sozialunternehmen (im Besitz der „Specialist People Foundation“), das die Fähigkeiten von Menschen im Autismus Spektrum als Wettbewerbsvorteil auf dem Arbeitsmarkt nutzt. Solche Fähigkeiten sind zum Beispiel die bemerkenswerte Hingabe zum Detail, die Erkennung von (Un-)Regelmäßigkeiten, logisches und analytisches Denken, die hohe Toleranz gegenüber wiederkehrenden Routinearbeiten sowie die hohe Konzentrationsfähigkeit.
Derzeit ist Specialisterne in mehr als 14 Ländern weltweit aktiv, unter anderem in den USA, Kanada, Australien, Indien aber auch in Spanien und Irland.
Specialisterne Austria
Specialisterne Austria wurde 2011 von Stephan Dorfmeister als gemeinnütziger Verein gegründet, um das international bewährte dänische Modell Specialisterne in Österreich umzusetzen und möglichst vielen Menschen aus dem Autismus Spektrum den Weg auf den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
Anna Marton, selbst Legasthenikerin, hat Mitte 2021 die Geschäftsleitung übernommen und konnte mit ihrem Team ein beeindruckendes Wachstum erzielen. 48% des Kernteams am Wiener Standort sind selbst im neurodivergenten Spektrum, insgesamt hat Specialisterne Austria 52 Mitarbeiter:innen.
Ein paar Zahlen dazu:
48% des Kernteams am Wiener Standort sind im neurodivergenten Spektrum
60% mehr Vermittlungen im Vergleich zu 2021
200% mehr ausgebildete Kandidat:innen im Vermittlungspool, derzeit 66 Personen ready to hire
100% Steigerung im Kursangebot, derzeit 4 exklusive Kurse
50% Umsatzsteigerung, 2022 konnte mit einem Umsatz von rd 2 Mio Euro abgeschlossen werden
220 Personen wurden in Bezug auf Stärken und Besonderheiten der Neurodivergenz in anderen Unternehmen geschult und wirken als Botschafter für die Mission und Community.
Seit Anfang 2022 können auch Personen mit anderen Diagnosen wie ADHS, Legasthenie, Dyskalkulie oder Dyspraxie das Angebot von Specialisterne nutzen.
Ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten und Talente werden herausgearbeitet, in derzeit 4 Fachkursen gefördert und Unternehmen zugänglich gemacht. Führungskräfte und Mitarbeiter:innen mit neurodivergenter Wahrnehmung werden dabei von Specialisterne durch Schulungen, Workshops und Coaching begleitet.
Die Mission von Specialisterne Austria:
„Wir ermöglichen Wachstum - mit ganzem Herzen. Weil wir Menschen verstehen, ihre Stärken fördern und sie mit den richtigen Unternehmen verbinden.
Wir finden für 1.000 Menschen* eine erfüllende und wertstiftende Aufgabe.“
Das Wachstum von Specialisterne Austria basiert einerseits auf der großen Nachfrage an neurodivergenzgerechten Ausbildungsformaten und anderseits auf der hohen Nachfrage an spezifischen Fachkräften.
Die Absolvent:innen von Specialisterne können somit dem Fachkräftemangel in Unternehmen begegnen.
Interview mit Absolventin Mina - heute IT-Trainerin bei Specialisterne:
Wann hast du deine Diagnose erhalten und was hat dazu geführt, dass du dich diagnostizieren hast lassen?
Meine Diagnose wurde eigentlich erst während des Kurses ausgestellt. Mir war zwar schon vorher bewusst, dass ich auf dem Spektrum bin, aber ich hielt es bis dahin nicht für nötig, mir dafür einen Zettel ausstellen zu lassen. Da ich aber unbedingt den Kurs bei Specialisterne machen wollte, habe ich dafür die Diagnose ausstellen lassen.
Was hast du vor Specialisterne beruflich/ausbildungstechnisch gemacht?
Letzte Station: Studium - Bio Data Science (Bioinformatik)
Auf welche Hindernisse bist du im Zuge deiner Ausbildung und deinem beruflichen Weg gestoßen?
Da ich meine Diagnose sehr spät erhalten habe, hatte ich mit unterschiedlichsten Dingen im Alltag zu kämpfen. Überwiegend standen mir Kommunikationsschwierigkeiten im Weg. Ich wurde oft falsch oder gar nicht verstanden, das hatte sich leider stark auf meine Fortschritte und Entwicklungsmöglichkeiten in Beruf und Ausbildung ausgewirkt. Mir hat außerdem das Bewusstsein gefehlt, wie mich Reizüberflutungen beeinträchtigen können. Da kann das Deckenlicht im Hörsaal schon mal dazu führen, dass man vom Inhalt überhaupt nichts mitbekommt und dann völlig erschöpft nach Hause geht, ohne zu wissen, warum sich alles so anstrengend anfühlt. Es kam mir oft so vor, als wäre ich schlichtweg nicht “geeignet” für die Berufe und Ausbildungen, für die ich mich entschieden hatte.
Was hat dich dazu gebracht, dich bei Specialisterne zu melden?
Anfangs war ich sehr gehemmt, mich überhaupt für einen Kurs anzumelden. Es gab Voraussetzungen, die ich nicht erfüllt hatte, wie das Alter und die Diagnose. Ich war mir sicher, dass ich nicht genommen werden würde. Ich habe mir die Homepage immer wieder angesehen, mehrere Tage überlegt und schließlich entschieden, dass ich nur eine Chance habe, an einem Kurs teilzunehmen, wenn ich mich auch bewerbe. Also habe ich einfach mal angefragt und bin nun sehr froh, dass ich mich getraut habe.
Was hat dich besonders an dem AIDA Kurs interessiert/angesprochen?
Mich hat der Kurs thematisch sehr angesprochen, da ich mich für Data Science und Machine Learning begeistern kann. Dank meiner Vorkenntnisse hatte ich bereits eine gute Vorstellung davon, was die Inhalte des Kurses “AI & Data Assistant” sein werden. Grundsätzlich hätte ich eine ähnliche Ausbildung auch wo anders machen können, ich wollte den Kurs aber konkret bei Specialisterne machen, weil ich große Hoffnungen hatte, dass man hier meine Bedürfnisse und Denkweise besser verstehen wird, was sich für mich auch bewahrheitet hat. Außerdem hat mich die weitere Begleitung und das Coaching nach dem Kurs beeindruckt - eine neurodivergenzgerechte Arbeitsvermittlung hätte es sonst nirgends so gegeben.
Was hat die Ausbildung bei Specialisterne von anderen Ausbildungen abgehoben? Was hat dir besonders gut gefallen?
Bei Specialisterne hat mir insbesondere der respektvolle, wertschätzende Umgang und die stärkenorientierte Arbeitsweise gefallen. Ich habe zum ersten Mal die Erfahrung gemacht, wie es ist, in einem Lernsetting zu arbeiten, welches auf meine Bedürfnisse abgestimmt ist und in dem ich mich entfalten kann. Da ich das so bisher nicht kannte, war die Zeit im Kurs ein richtiges AHA-Erlebnis. Auch konnte ich mich erstmals mit Gleichgesinnten austauschen und hatte das Gefühl, endlich meine Community gefunden zu haben.
Wie ist es dazu gekommen, dass du als IT-Trainerin bei Specialisterne angefangen hast? Was hat dich dazu bewogen?
Dass ich mich als IT-Trainerin beworben habe, war eine Kombination aus Glück und Bauchgefühl. Schon in der Studienzeit hatte ich Nachhilfe in diversen Fächern gegeben, das hat mir immer schon Spaß gemacht. Während des Kurses wurde die Freude daran, meine Kolleg:innen zu unterstützen und meine Programmiererfahrungen zu teilen, wieder entfacht. Ich habe dann zufällig erfahren, dass Specialisterne eine:n Trainer:in sucht und mich nach kurzer Überlegung gleich dafür beworben. Ich hatte das Gefühl, dass ich hier etwas Sinnvolles tun und für meine Community einen Beitrag leisten kann, indem ich meine Leidenschaft mit anderen teile.
Warum ist dieser Job das richtige für dich und was kannst du hier bewirken?
Der Job ist genau das richtige für mich, weil ich als IT-Trainerin nicht nur meine Interessen und Kenntnisse stetig erweitern und vertiefen, sondern auch noch mit anderen teilen kann. Was gibt es schöneres für eine neurodivergente Person, als stundenlang von einem Themengebiet zu erzählen, dass sie interessiert. Mir ist es außerdem wichtig, meine persönlichen Erfahrungen und Eindrücke mit unseren Talents zu teilen. Das Gefühl verstanden und akzeptiert zu werden, möchte ich gerne an andere weitergeben.
Würdest du Specialisterne als inklusiven Arbeitgeber bezeichnen? Wenn ja, wie drückt sich das für dich aus?
Specialisterne ist in meinen Augen ein sehr inklusiver Arbeitgeber. Die Kommunikation erfolgt sehr direkt, um Missverständnisse zu vermeiden und es wird Rücksicht auf die gegenseitigen Bedürfnisse und Grenzen genommen. Zu sozialen Interaktionen ist man eingeladen, aber nicht verpflichtet. Besonders gefällt mir, dass auch die kleinen Eigenheiten erlaubt und erwünscht sind. Bei Specialisterne fühle ich mich als Mensch nicht nur wahrgenommen, sondern auch wertgeschätzt, ohne mich verstellen zu müssen.
Was würdest du dir von der Gesellschaft in Bezug auf den Umgang mit Neurodivergenz/Autismus wünschen?
Ich habe das Gefühl, dass in der Gesellschaft noch sehr viel Stigma und Stereotype gegenüber Neurodivergenz herrscht. Oft werden die Schwierigkeiten und Probleme in den Vordergrund gerückt, während die Stärken und Kompetenzen vernachlässigt werden oder einfach nicht bekannt sind. Das hat zur Konsequenz, dass viele sich ihrer Neurodivergenz nicht bewusst sind oder nicht eingestehen möchten und damit oftmals viele Jahre innerlich leiden, weil sie sich alleine und außenseitig fühlen. Ich würde mir wünschen, dass Neurodivergenz nicht mehr als Störung betrachtet wird, die behandelt werden muss, sondern als Chance, als Gesellschaft achtsamer miteinander umzugehen. Wir leben in einem Spektrum an Denk- und Verhaltensweisen, auf dem wir uns alle irgendwo befinden und sind als Menschen dennoch Individuen, mit eigenen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Hindernissen.
Interview mit Absolvent Max:
Wann hast du deine Diagnose erhalten und was hat dazu geführt, dass du dich diagnostizieren hast lassen?
Ich habe meine Diagnose im Mai 2021 im Alter von 30 Jahren erhalten. Ich hatte mein ganzes Leben schon das Gefühl, in meinem Innenleben auf einem anderen Planeten zu sein, anders zu denken als die Norm, mich oft mit Musik abschotten zu müssen (heute weiß ich, dass ich auf auditive Reize stark reagiere und das einfach wirklich brauche um schnell z.B. wieder zu funktionieren bei Reizüberflutung aufgrund von z.B. zu vielen Akustikquellen unterschiedlichster Frequenzen in einem Raum) und in vielen Aspekten meines Daseins generell stark konträre und damit leider oft polarisierende Standpunkte und Werte zu beziehen.
Ich habe zwar während meiner bisherigen Lebenszeit gelernt, gut zu maskieren und eine neurotypische Rolle zu spielen, weil ich Konflikte aufgrund meiner „Andersartigkeit“ gern vermeide wenn ich kann, aber hatte leider beruflich als auch privat immer wieder Probleme und kam in unnötige Konfliktsituationen.Zum Beispiel in Gesprächssituationen, weil ich nicht gerne Augenkontakt halte oder teils einfach sehr ehrlich und direkt bin, wenn man mich nach einer Meinung fragt; weil ich einen übergenauen Arbeitsstil pflege und vor allem bei für mich neuen Aufgaben konkrete, genaue Anweisungen brauche oder weil ich aufgrund von Reizüberflutung mal wieder einen kurzfristigen Systemausfall hatte und mir dann z.B. Artikulation weitaus schwieriger fällt und das gern als seltsam aufgefasst wird, wenn die Awareness fehlt.
Generell kommt es mir oft so vor, als müsste ich jedes Muster und jede Problemstellung im Leben zuerst immer aus gefühlt 100 Blickwinkeln betrachten, um dann irgendwann zur Wurzel des Problems oder zur „Einsicht“ kommen zu können. Ich selbst sehe das mittlerweile als große Stärke, aber das hat früher auch zu vielen Problemen geführt.
Ich kam einfach mit der Zeit immer mehr an einen Punkt, wo ich Klarheit für mich selbst haben wollte, warum mein Hirn so arbeitet und ständig alles zerdenken muss. Ich habe auch zuvor von Arbeitskollegen/innen im Fundraising und meiner Ex-Partnerin ein paar Mal einen Hint in Richtung Autismus bekommen und mich dann mit der Zeit darüber informiert und hatte eine Vermutung, dass ich am Spektrum sein könnte.
Anfang 2021 gab es einen Vorfall, wo ich für eines meiner Spezialinteressen (Distributed Ledger Technologien) mal wieder belächelt wurde, nur dass ich diesmal auch noch zusätzlich unschön von mehreren Seiten gleichzeitig gemobbt wurde und das war dann der Breaking-Point, warum ich die Abklärung per Diagnostik gesucht habe, wohl auch als Form des Selbstschutzes und um gleichzeitig die Klarheit zu haben, ob es Autismus ist oder nicht.
- Was hast du vor Specialisterne beruflich/ausbildungstechnisch gemacht?
Ich habe im Burgenland nach der VS eine Hauptschule besucht, wo ich in einer bilingualen Klasse war und mit Ausnahme der Unterrichtsfächer „Deutsch“ und „Mathematik“ alle Fächer großteils in Englisch gehalten wurden, was ich heute sehr zu schätzen weiß. Danach absolvierte ich eine HAK mit IT-Zweig (Schwerpunkt ab der 3. Klasse).
Mich hat es danach zum Studieren ins schöne Wien verschlagen, wo ich ein Lehramtsstudium der UF Englisch, Geschichte und Biologie angefangen habe. In der Zeit während des Studiums (vorangegangenes Ferialpraktikum nicht mitgezählt) durfte ich auch beruflich erste Erfahrungen sammeln. Mein Onkel leitet einen Spengler/Dachdecker Kleinbetrieb an der Grenze zu Wien und war in der Zeit, als ich nach Wien für den Studienbeginn (2012) gezogen bin, gerade auf der Suche nach einer Büroassistenz.Das hat für mich damals gut gepasst und ich habe mich dort um klassische Sekretariats- und Office Agenden gekümmert.
Im Winter 2015 entschied ich mich auch aus vielerlei Gründen, mein Studium abzubrechen. Ich kam z.B. zur Erkenntnis, dass ich das Studium damals leider aus den falschen Gründen der Bequemlichkeit (Englisch + Geschichte Kombi a klassische „gmahde Wiesn“) begonnen hatte.
Nach dem Studienabbruch stürzte ich mich in kalte Gewässer und arbeitete ein halbes Jahr als Street-Fundraiser im Auftrag verschiedener NGO’s. Das war eine sehr harte Challenge und sowohl auf physischer als auch mentaler Ebene sehr anstrengend. Abends war ich immer völlig kaputt, aber es war - neben der für mich gefundenen Sinnhaftigkeit in meiner beruflichen Tätigkeit - auch ein guter Weg, um an meinen damals sehr stark limitierten Kommunikationsfähigkeiten zu arbeiten und die Angst vorm Kommunizieren und Socializen mit fremden Menschen ein Stück abzulegen.
Meine letzten beruflichen Stationen, bevor ich zu Specialisterne kam, waren 2 Teilzeit-Lager-Jobs. In beiden Fällen war ich schwerpunktmäßig in der Kommissionierung eingesetzt. Das war meist ganz cool und für mich oft ganz lustig, weil mich der Palettenbau oft an Spiele wie Tetris erinnert hat und ich den Arbeitsablauf oft ähnlich wie ein Spiel betrachtet habe, bei dem man ständig etwas verbessern bzw. optimieren kann.
Auf welche Hindernisse bist du im Zuge deiner Ausbildung und deinem beruflichen Weg gestoßen?
Das größte Hindernis bei der Ausbildung war für mich immer, dass es in den Schulen, die ich besucht habe und auch später an der Uni oft nicht die Möglichkeit gab, in meinem eigenen Tempo zu lernen und ich mich immer an Normen/Regeln anpassen musste, die für alle gelten sollen, aber für mich selbst wenig zielführend sind. Ich bin Autodidakt und kann z.B. mit Frontalunterricht in Gruppen von 30 Personen nicht viel anfangen. Ich weiß es zwar zu schätzen, wenn man mir auf diesem Wege Wissen vermitteln will, aber mein Hirn speichert Informationen viel eher ab, wenn ich mich in Ruhe selbständig in ein Thema eingraben kann und mir die Inhalte in meinem eigenen Tempo so beibringe.
Sonst eckte ich halt teilweise mit meinem Arbeitsstil an, weil ich aufgrund meiner ständig auf Optimierung ausgerichteten Denk- und Arbeitsweise nicht immer nur auf positive Resonanz gestoßen bin.
Was hat dich dazu gebracht, dich bei Specialisterne zu melden?
Nachdem ich meine Autismus-Diagnose offiziell bekommen habe, hatte ich erstmals eine kleine Existenzkrise. Ich habe vor der Diagnose nur sehr wenig zum Thema gewusst und habe dann viel Zeit für Recherche und Wissensakquise freigemacht. Ich war sehr neugierig, welche Vereine/Organisationen es in Österreich gibt, die sich mit Autismus und generell Neurodivergenz auseinandersetzen und sich auch aktiv dafür einsetzen, neurodivergenten Menschen eine Chance für sinnvolle Berufstätigkeiten zu bieten und zu fördern.
Ich habe mich im Zeitraum 2017-21 (bevor ich auf die Website von Specialisterne gestoßen bin) sehr intensiv mit Themen aus der Finanzwelt, z.B. Strategien zu langfristigen Investments und Portfolio-Erstellung, und neuen Trends und Technologien in der IT beschäftigt und hab mich da z.B. mit neuen Ansätzen bezüglich Systemarchitekturen, Kryptologie, Analytic-Tools, technische Analyse, Big Data und AI beschäftigt und dabei gerne bis in die frühen Morgenstunden recherchiert, dazugelernt und Muster verglichen. Chatbots und Python als Programmiersprache fand ich damals (und finde ich nach wie vor) auch sehr spannend. Natürlich kamen auch Gedanken hoch, beruflich im IT-Umfeld Fuß zu fassen, weil ich eindeutig eine Leidenschaft dafür gefunden habe und es nur Sinn macht, da auch anzuknüpfen.
Nachdem ich mich auf der Website von Specialisterne über das Angebot informiert hatte, war meine Bewerbung für den Kurs “AI & Data Assistant” eine rein logische Konsequenz. Die neurodivergenzgerechte Fachausbildung in Kombination mit guten Chancen auf einen Job für den ich wirklich brennen kann, hatten mich überzeugt.
Was hat dich besonders an dem „AI & Data Assistant“ Kurs interessiert/angesprochen?
Ich habe ein immer stärker werdendes ausgeprägtes Spezialinteresse für die Themengebiete AI, Machine Learning, Big Data und alles, was damit zusammenhängt. Ich fand die im Fachkurs “AI & Data Assistant” angebotenen Lerninhalte dementsprechend sehr spannend, weil der Kurs sehr kompakt wichtige Grundkenntnisse zu Themen vermittelt, die auch wirklich nützlich und relevant sind, um in dem Feld beruflich tätig sein zu können.
- Was hat die Ausbildung bei Specialisterne von anderen Ausbildungen abgehoben? Was hat dir besonders gut gefallen?
Ich hatte endlich die Möglichkeit, nach meinem eigenen Tempo zu lernen und mich nicht an starre Barrieren/Regeln zu halten, die für alle allgemeingültig gelten sollen. Neben der fachlichen Komponente/Ausbildung, gepaart mit viel wertvollem Know-How seitens der Trainer, wird hier auch menschlich sehr viel richtig gemacht.
Mir machte es stets Spaß, in den Kurs zu kommen - auch ein nicht zu unterschätzender Faktor für die Entwicklung seines eigenen Potentials. Des Weiteren traue ich mich sagen, dass man in den 3 Monaten Kurszeit durch den hohen Wert der vermittelten praxisrelevanten Informationen auch seitens der Coaches und Gastdozenten wohl weitaus mehr wirklich berufsrelevante Skills lernen kann als andere thematisch ähnliche Ausbildungen das ermöglichen. Im Rahmen des Kurses auch noch zusätzlich eine Zertifizierung für die Cloud-Computing Plattform Azure aus dem Hause Microsoft machen zu können, fand ich auch sehr wertvoll.
- Wie ist es nach dem Kurs beruflich für dich weitergegangen? Welche Aufgaben wirst du in deinem neuen Job übernehmen?
Ich hatte knapp 2 Monate nach dem Kursabschluss 2 Vorstellungsgespräch-Runden in einem Unternehmen und werde dort ab Januar 2023 als Data Engineer tätig sein. Als Data Engineer beschäftige ich mich mit dem Zusammentragen, Aufbereiten und Prüfen von Daten und bin quasi Vorarbeiter für die nächste Instanz der Data-Scientists. Meine Spielwiese zum Arbeiten wird die Cloud-Computing-Platform „Microsoft Azure“ sein.
- Wie hast du die Unterstützung von Specialisterne bei der Suche nach dem Job/dem Matching/dem Bewerbungsgespräch/dem Onboarding wahrgenommen?
Ich fühlte mich jederzeit gut unterstützt und habe die einzelnen Prozesse seitens Specialisterne als sehr positiv und für mich sehr hilfreich und unterstützend wahrgenommen.
Es wurde stets viel Wert darauf gelegt, auf meine Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen, damit der sonst oft sehr anstrengende und quälend-energiefressende Prozess vom 1. Anschreiben an einen potentiellen Arbeitgeber bis zum Job für mich sehr gut machbar ist. Ich erlebte einen sehr angenehmen Kontrast zu der Erfahrung, die ich wohl sonst dabei gemacht hätte, wenn ich das alles alleine hätte bewerkstelligen müssen.
Das Matching möchte ich in an dieser Stelle auch nochmals lobend hervorheben, weil man merkt, dass viel Wert darauf gelegt wird, dass hier für beide Seiten (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) alles gut zusammenpasst. Ich bin jedenfalls sehr glücklich, wie sich die beruflichen Möglichkeiten für mich entwickeln, seit ich den AI & Data Assistant Kurs absolviert habe.
- Was wünscht du dir von deinem zukünftigen Arbeitgeber & Team, um gut arbeiten zu können?
Gesunde Synergien/wertschätzender Umgang im Team, gute Kommunikation, sinnstiftende Aufgaben (Routine stört mich nicht solange die Tätigkeit Sinn macht, eher im Gegenteil), fachliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten, hauseigene Dokumentationen bezüglich Best-Practices zum Nachschlagen und mit der Zeit selber Senf dazugeben.
Und außerdem auch die Bereitschaft, Diversity und unterschiedliche Arbeitsstile als Stärke sehen zu können und nicht an den gefundenen Defiziten festzuhalten (Allow yourself to change your perspective on peoples character traits and watch magic happen).
- Was würdest du dir von der Gesellschaft in Bezug auf den Umgang mit Neurodivergenz/Autismus wünschen?
- Mehr Wissen/Bildung zum Thema
- Weniger einseitiges Schubladen-Denken, mehr vielschichtiges Perspektiven-Denken.
(Würde ich mir aber auch genauso beim Umgang mit neurotypischen Menschen wünschen)
- Achtsamkeit, Respekt, Toleranz und Verständnis zeigen