WC-Besuch am Arbeitsplatz: Arbeitszeit oder Ausstempeln? Vorlagenportal-Experten erläutern die arbeitsrechtliche Situation Eine Aufforderung des Arbeitgebers an seine Mitarbeiter, ihr WC-mäßigen „Geschäfte“ grundsätzlich in der Freizeit zu erledigen und für selbige daher im Zeiterfassungssystem auszustempeln, ist in Österreich rechtlich nicht zu rechtfertigen. Laut Ansicht des Obersten Gerichtshofes (OGH) werden Toilettenpausen, die sich hinsichtlich Häufigkeit und Dauer im üblichen Rahmen halten, in der beruflichen Praxis im Allgemeinen toleriert und sind nicht als zusätzliche (unbezahlte) Ruhepausen zu qualifizieren (vgl. dazu etwa OGH 02.09.2015, 10 ObS 93/15x). Zwar bezieht sich diese Aussage des OGH nicht auf einen arbeitsrechtlichen Streitfall, sondern stammt aus einem sozialrechtlichen Gerichtsprozess zwischen einem Invaliditätspensions-Antragsteller und der Pensionsversicherungsanstalt; dennoch ist die „Kernbotschaft“ auch für das Arbeitsrecht anwendbar. Beim Aufsuchen der Toilette handelt es sich um ein menschliches Grundbedürfnis, das nicht eingeschränkt werden darf. Es lässt sich also festhalten, dass sozialadäquate Verhaltensweisen am Arbeitsplatz – wie etwa das gelegentliche Aufsuchen der Toilette, das Erbrechen bei nicht selbstverschuldeter Übelkeit, minutenlange Hustenanfälle o.ä. – in aller Regel zur bezahlungspflichtigen Arbeitszeit zählen und nicht vom Zeitkonto „abgezogen“ werden dürfen. Es ist daher unzulässig, Arbeitnehmer hinsichtlich der „Notdurft“ auf die Freizeit (also auf die Zeiten vor bzw. nach dem Dienst oder auf Ruhepausen) zu verweisen. Konsequenzen bei offensichtlichem „Missbrauch“ Erlangt der Arbeitgeber Kenntnis von missbräuchlich in Anspruch genommenen WC-Besuchen und ist dies auch auf rechtmäßige Weise nachweisbar (z.B. durch Augen- oder Ohrenzeugen), so stehen die allgemeinen arbeitsrechtlichen Instrumentarien zur Verfügung (z.B. Verwarnung). Hierzu ein Beispiel aus der Praxis: Mitarbeiter eines Unternehmens haben wiederholt wahrgenommen, dass einer ihrer Arbeitskollegen angebliche WC-Besuche während der Arbeitszeit in Wahrheit für ausführliche Privattelefonate oder Rauchpausen nutzt. Im Falle derartiger „Exzesse“ kommt neben einer Verwarnung – entsprechend klare Beweislage vorausgesetzt – auch ein Lohnabzug für die Dauer der unentschuldigten Fehlzeiten in Betracht. Bei Unfällen gilt der Unfallversicherungsschutz Unfälle (z.B. Ausrutschen), die sich auf dem Weg vom Arbeitsplatz zur Toilette und retour sowie während der Notdurft selbst ereignen, zählen als Arbeitsunfall und stehen daher unter Unfallversicherungsschutz. Das Gesetz spricht in diesem Zusammenhang von einer „Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse“.      PRESSEKONTAKT Heinz Wernitznig REICHLUNDPARTNER Public Relations Mobil: + 43 664 828 4090 E-Mail: heinz.wernitznig@reichlundpartner.com