Österreichische Straßenzeitung Tirol: Weg vom Rand der Gesellschaft 17.10. - Tag der Armut Hohe Wohnkosten, steigende Energiekosten und teure Lebensmittel machen es in Österreich jenen Personen, die bereits armutsgefährdet sind, noch schwerer. Besonders bedroht und betroffen sind neben Kindern auch Alleinerzieherinnen (48 Prozent), Arbeitslose (33 Prozent) und alleinstehende Frauen in der Pension (30 Prozent). Auch Menschen mit chronischer Erkrankung sind immer wieder mit Armut konfrontiert. „Ob Asylsuchende, Obdachlose, Pensionistinnen oder Menschen, deren Einkommen zum Leben nicht ausreicht – alle dürfen den 20er verkaufen. Unsere Verkäufer:innen sind daher genauso vielfältig wie ihre Lebensgeschichten. Man kann sie nicht pauschalisieren, so wie man auch andere armutsgefährdete Menschen nicht über einen Kamm scheren kann. Meist sind es sehr persönliche Schicksale, die Menschen an den Rand der Gesellschaft drängen“, sagt Eva Schwienbacher, leitende Redakteurin der Tiroler Straßenzeitung 20er. Wiedereingliederungsmaßnahmen gibt es viele. Eine der wichtigsten und auch anerkanntesten ist der Verkauf der Straßenzeitungen. Das soziale Netz der Straßenzeitung Die unterschiedlichsten Lebensumstände und Situationen können Menschen in die Armut treiben. Die Tiroler Straßenzeitung 20er ist ein Unterstützungsprojekt für Betroffene: „Die Straßenzeitung ermöglicht es Menschen in finanziellen Notlagen, ehrlich, legal und selbständig Geld zu verdienen. Mit dem Kauf einer Zeitung unterstützt man zur Hälfte die Verkaufenden und zur Hälfte die Produktion der Zeitung“, berichtet Uwe Steger, Obmann des Vereins zur Förderung einer Straßenzeitung in Tirol. Seit über 25 Jahren können sich marginalisierte Menschen über den Verkauf der Straßenzeitung ein zusätzliches Einkommen verdienen. „Jede verkaufte Zeitung sichert nicht nur das soziale Projekt ab und fördert den unabhängigen Journalismus in Tirol, nein. Es geht um viel mehr – denn die Verkäufer:innen können sich mit diesem Verdienst etwas mehr finanzielle Freiheit und Flexibilität verschaffen und mit dieser Arbeit ihren Alltag strukturieren sowie mit Menschen in Kontakt kommen. Und weil der 20er eine sehr gutes journalistisches Produkt ist, können unsere Verkäufer:innen auch selbstbewusst auf ihre Kund:innen zugehen.“ Etwa250 Verkäufer:innen sind in Tirol unterwegs. Sie tragen gut sichtbare Ausweise, die mittlerweile absolut fälschungssicher sind. Ihre Tätigkeit ist selbstständig. Sie kaufen die Zeitungen wie in einem Großhandel zum halben Preis ein und verkaufen diese dann wieder weiter. Der Gewinn bleibt bei ihnen. Die Tiroler Straßenzeitung kommt gut an. Jeden Monat erscheinen spannende Berichte, mitreißende Reportagen und tiefgehende Interviews. Trotzdem sinken die Verkaufszahlen. Das hat auch damit zu tun, dass Menschen den Verkäufer:innen Geld in die Hand drücken und keine Zeitung mitnehmen. „Natürlich ist jede Spende an unsere Verkäufer:innen eine großartige Geste. Wenn jedoch nur an Einzelne gespendet und die Zeitung nicht mehr oder zu wenig gekauft wird, ist das Projekt für alle gefährdet. Daher bitten wir darum: Kaufen Sie auch die Zeitung beziehungsweise nehmen Sie die Zeitung auch mit“, so Steger. Da viele Menschen oftmals ohne Bargeld unterwegs sind, ist seit Oktober ein Testbetrieb rund um bargeldloses Bezahlen des 20ers im Laufen. Es ist ein freiwilliges Angebot und die Verkäufer:innen entscheiden selbstständig, ob sie die Möglichkeit für eine digitale Bezahlung anbieten möchten oder nicht. [1] Die Armutskonferenz: Daten aus EU-SILC 2023 (Veröffentlicht im April 2024)