RE/MAX: Bestellerprinzip ist nicht treffsicher Für Mieter, die eine Entlastung dringend notwendig hätten, ist im aktuellen Gesetzesentwurf kein nachhaltiger Mehrwert erkennbar, Besserverdiener profitieren Amstetten, 15. April 2022 – Am 4. Mai endet die Begutachtungsfrist für das neue Maklergesetz. Zukünftig soll derjenige die Vermietung bezahlen, der den Makler beauftragt. Grund genug für Bernhard Reikersdorfer, MBA, Managing Director von RE/MAX Austria, die Ungereimtheiten im Gesetzesentwurf darzulegen: „Vor allem für jene Mieter, die eine Entlastung dringend notwendig haben, ist im aktuellen Entwurf zum Bestellerprinzip unterm Strich keine Entlastung erkennbar. Dies bedeutet aber nicht, dass der vorgestellte Entwurf zum Bestellerprinzip gänzlich abzulehnen ist.“ Ein positiver Aspekt des Gesetzesentwurf sei die schriftliche Dokumentation einer Beauftragung des Maklers – „eine Forderung, die RE/MAX Austria schon seit längerer Zeit stellt.“ Etikettenschwindel von der Politik Als Etikettenschwindel verortet Reikersdorfer Aussagen aus der Politik zum Gesetzesentwurf wie „Die Einführung des Bestellerprinzips ist ein nachhaltiger Beitrag zum leistbaren Wohnen!“, „Die Novelle bringt Klarheit wer bezahlt und Sicherheit welche Leistungen zu erwarten sind“ oder „Provisionsfrei Wohnen wird jetzt Standard für Mieter“. Markttransparenz wird geringer „Wohnen wird durch das Bestellerprinzip für Mieter auch nicht billiger, denn die entscheidenden und wichtigsten Faktoren sind, außer bei Kurzzeitmieten, wohl die laufenden Wohnungskosten“, erklärt Reikersdorfer. „Es ist auch davon auszugehen, dass die zusätzlich für den Vermieter entstehenden Kosten, dort wo es möglich ist, in die Miete hineingerechnet werden. Zudem wird es deutlich weniger sichtbares Angebot am Markt geben.“ Dadurch leidet die Markttransparenz, und die Auswahlmöglichkeit für Mietinteressenten, auch die Vergleichbarkeit wird fehlen. „In Deutschland ist dies seit Jahren zu beobachten“, erläutert Reikersdorfer. „Die von einem Makler gewährleistete professionelle Aufbereitung, wie Dokumentenbeschaffung und Dokumentation, Überprüfung des Mietpreises auf Legitimität und Marktgerechtigkeit werden zudem oftmals wegbleiben.“ Nicht durchdacht und nicht praxistauglich Auch sei der sogenannte „Schutzschirm“, sprich der Einbau von Vorkehrungen, um Umgehungen zu vermeiden, nicht durchdacht und nicht praxistauglich: „Vermieter werden vermehrt den bestehenden Mieter mit der Suche eines Nachmieters beauftragen, das kann für neue Mieter bedeuten: Unerlaubte Ablösen, fehlende rechtliche Beratung, und die Ungewissheit, ob der Mietzins ortsüblich ist und welche Rechte und Pflichten sie wirklich haben.“ Mehr privat vermietet Vermieter werden aus Kostengründen vermehrt – oftmals ohne Fachkenntnisse und Gewährleistung – privat vermieten. „Damit sind mehr Rechtsstreitigkeiten zwischen Mieter und Vermieter vorprogrammiert“, expliziert Reikersdorfer. „Viele Mieterinnen und Mieter werden also zukünftig vor Gericht ziehen (müssen), um allfällige Schadenersatzansprüche gegen Vermieter geltend zu machen bzw. wenn aus Ihrer Sicht gegen das Bestellerprinzip verstoßen wurde.“ Reikersdorfer prognostiziert, dass in Summe das Bestellerprinzip, speziell in Ballungsräumen mit hoher Nachfrage, das Preisniveau insgesamt heben wird. Der vorgestellte Entwurf ist wenig praxistauglich, da er bei den Mietern bei der Suche für viel Unklarheit und Unsicherheit sorgen wird. Es ist unklar, welche Leistungen Mieter von einem Makler zukünftig erwarten dürfen, wann für den Mieter ein Makler-Honorar fällig wird, und ob der Makler als Doppelmakler tätig ist oder nur im Auftrag des Vermieters. Mangelnde Treffsicherheit bei einkommensschwächeren Gruppen Weiters hinterfragt Reikersdorfer, warum alle Mieter von Luxuswohnungen bzw. von Ferien-, Freizeitdomizilen und Zweitwohnsitzen spürbar entlastet werden sollen: „De facto bedeutet dies, dass finanziell gut gestellte Gruppen zukünftig nichts mehr für die Maklerdienstleistung bezahlen werden. Im Gegenzug sind mit dem Bestellerprinzip jene Zielgruppen, die eine Wohnkosten-Entlastung ganz dringend benötigen würden, so gut wie gar nicht betroffen: Denn die einkommensschwächeren Personengruppen sind in erster Linie Mieter von Gemeinde-, Genossenschafts- oder Sozialwohnungen, und diese werden nicht über Makler vermittelt. Damit haben jene zigtausend Wohnungsmieter - nicht Suchende – die es am dringendsten notwendig hätten, keinen Cent Ersparnis.“ Keine kostenfreie Vermittlung „Die Tatsache, dass manche Maklerunternehmen den Vermietern eine kostenfreie Vermittlung anbieten und nur der Mieter ein Honorar bezahlt, ist nicht in Ordnung und gehört abgestellt“, sagt Reikersdorfer. „Sofern entsprechende Leistungen erbracht werden und die Vermieter den Mehrwert einer Dienstleistung erkennen, sind Vermieter auch jetzt schon bereit, ein Honorar an den Makler zu bezahlen.“ Das Maklerhonorar liegt im RE/MAX-Netzwerk aktuell im Schnitt bei 1,3 Monatsmieten vom Vermieter und bei 1,7 Monatsmieten vom Mieter, also durchaus ausgewogen. Konsequenzen für die Immobilienbranche Reikersdorfer erwartet, dass sich viele kleinere Makler aus dem Mietgeschäft zurückziehen bzw. zusperren müssen, weil es einfach nicht mehr wirtschaftlich ist. Große Unternehmen, die kostenintensive Digitalisierungsprozesse gut abbilden können, werden unterm Strich die geplante Änderung besser verkraften. Das hat sich auch in Deutschland bestätigt, die Umsatzeinbußen waren besonders bei kleineren Maklerbüros sehr groß. Die Immobilienbranche braucht aber auch diese Unternehmen. Vier positive, mieternützliche Schritte Weniger Bürokratie, weniger Auflagen für Bauträger, mehr sozialer Wohnbau – diese Maßnahmen unterstützen leistbares Wohnen nachhaltig. Mehr finanzielle Unterstützung für einkommensschwächere Haushalte/Personen bzw. an das Einkommen gebundene erhöhte Wohnbeihilfen Für jene Personen, die nach einer gewissen Zeit über ein entsprechendes Einkommen verfügen, sollen auch im sozialen Wohnbau die Mieten Schritt für Schritt an die marktüblichen Mieten angepasst werden, um soziale Gerechtigkeit und neue Baubudgets zu schaffen, ohne die soziale Durchmischung zu gefährden. Die Gestaltung von Betriebskosten wie z.B. Kanal-, Müllgebühren, Grundsteuer usw. liegt in der Hand der Kommunen. Diese schlagen unmittelbar auf alle Mieter durch, auch auf jene in Sozialbauten und Genossenschaftswohnungen. Vermehrte und höhere Energiekosten-Zuschüsse für einkommensschwächere Haushalte und Personen, möglichst treffsicher verteilt, würde wohl am besten helfen. Drei Überlegungen zu alternativen Honorarmodellen Mieter von Wohnungen im Luxus-, Ferien-, Freizeit- und Zweitwohnsitz-Bereich (kein dringendes Wohnbedürfnis) sollen wie bisher für die Maklerdienstleistung bezahlen, denn ansonsten wird die falsche Zielgruppe entlastet. Eine Einschränkung, dass es nicht erlaubt ist, vom Mieter mehr Honorar zu verlangen als vom Vermieter, kann angedacht werden. Mietern sollte – auf ausdrücklichen, schriftlichen Wunsch – immer die Möglichkeit geboten werden, gewisse Dienstleistungen des Maklers, anhand z.B. von Dienstleistungs-Paketen, zu vorab definierten Fixpreisen, zu buchen.