„Gin zu Ende, achtzehn Uhr“ Feinfühlige Einblicke und verblüffende Perspektiven Wien 03.12.2021 - „Gin zu Ende, achtzehn Uhr“ mag ein Ausblick sein, der beunruhigt. Tatsächlich ist das zutiefst verheißungsvoll, weil es sich hier um den Titel des neuen Gedichtbands von Alexander Peer handelt. Der Schriftzug auf dem Buchcover regt im ersten Moment zum Schmunzeln an, erweist sich bei näherem Hinsehen aber als überaus präzise gewählt. Das Getränk charakterisiert treffend den Sprecher, der uns in Peers Gedichten begegnet, nämlich den humanistisch gebildeten Genießer, der beim gepflegten Aperitif in seiner Bibliothek über das Leben, die Literatur und Kultur nachdenkt. Man kann sich vorstellen, wie er beim Argumentieren gestikuliert und dabei die Eiswürfel in seinem Glas zum Klirren bringt. Mit Witz und Verve gestaltet Peer erzählende Gedichte, die sich mit Beziehungen von Liebenden genauso befassen wie mit den großen Themen unserer Gesellschaft. Immer wieder wird das Wechselspiel von Denken und Fühlen befragt. Am stärksten gelingt dies dort, wo es miteinander verwoben ist: „Kaum streichle ich die Buchstaben, / brennen deine Sohlen, / schon schreitest du über Leselisten hinweg, / wir streichen die Lektüre / aufs Brot der harten Jahre“, heißt es im Gedicht ‚Geliebte‘. Verließ Venus je ihr Willendorf? Ohne Scheu vermessen diese Texte die Kultur und stellen wohltuend unerhörte Fragen: „Was schleppte Pandora denn so mit sich rum an Tagen ohne Büchse?“ ist letztlich eine Frage an die Mythologie und ihre Fähigkeit uns durch Geschichten zu fesseln. Gleichzeitig zeigt das Beispiel, wie sehr unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit durch Geschichten geprägt ist. Auch die kindliche Stimme berührt tief, wenn sie bekennt: „Als Kind schraubte ich eine Uhr auf, um darin die Zeit zu finden.“ So wird Philosophie nicht zum kopfschweren Unterfangen, sondern zum belebenden Spiel, dass der 50-jährige Alexander Peer, geboren in Salzburg und heute in Wien lebend, gekonnt betreibt. Mozart heilt alle Wunden / Beethoven schlägt sie wieder Unerschrocken wendet sich das Buch ferner den Verwerfungen der digitalen Disruptionen und den damit verbundenen sozialen Herausforderungen zu. „Die Ich-AG schüttet keine Dividenden aus“ heißt es einmal. Dann weiß man, dass Selbstbestimmung und Ausbeutung fließend sind. Hier wird unmissverständlich klar, wie konsequent sich der Wandel der Arbeitsverhältnisse vollzieht und dass kein Euphemismus dafür reicht, die Brüche zu kaschieren. „Gin zu Ende, achtzehn Uhr“ bietet ein vielfältiges Spektrum an Themen und literarischen Befunden. Der Band erscheint am 7.12.2021 in der Reihe Limbus Lyrik. Begleitet werden die Texte von Fotografien, die an verschiedensten Orten Europas entstanden sind, sowie einem kommentierenden Essay der Literaturwissenschaftlerin und Autorin Daniela Chana. Autoren-Website: https://www.peerfact.at Literaturwissenschaftlerin: https://www.literaturport.de/Daniela.Chana/ Verlag: https://www.limbusverlag.at/index.php/ginzuendeachtzehnuhr Live-Stream der Buchpräsentation aus dem Literaturhaus Salzburg am 7.12. um 19:30: http://www.literaturhaus-salzburg.at/content.php?id=90&programmdetail=9141